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Stars auf Tournee

Nicht alle Sammlungswerke des Kunstmuseum Thun schlummern im Depot. Einige davon befinden sich auf Reisen und präsentieren sich weltweit in unterschiedlichen Kunstinstitutionen. Für ein Museum ohne dauerhafte Sammlungsausstellung ist das ein grosser Mehrwert. Das Werk Künstlicher Fels von Paul Klee beispielsweise ist viel herumgekommen und hat einiges gesehen.

Paul Klee, Künstlicher Fels, 1927, Kunstmuseum Thun, Schenkung Victor Surbek und Marguerite Frey-Surbek, Foto: Christian Helmle

Trotz seines Namens ist das Werk Künstlicher Fels (1927) des Künstlers Paul Klee kein Fels in der Brandung der Sammlung des Kunstmuseum Thun. Denn immer wieder verlässt es das Depot, um in in- und ausländischen Kunstinstitutionen ausgestellt zu werden. Gleich zweimal wurde es in den letzten Jahren im Zentrum Paul Klee gezeigt und präsentiert sich im Herbst dieses Jahres im LaM im französischen Lille. Was macht das Bild so begehrenswert? Formal spielt das Werk von Klee auf die Wechselwirkung von «Fels» an, dem die Werte Stärke und Unbeweglichkeit zugeschrieben werden, mit dem Wort «künstlich», das ebenjene Werte untergräbt. Die Oberflächenstruktur zeigt eine Verflechtung von Ornament und Architektur, sich zwischen organisch Gewachsenem und Konstruiertem bewegend. Der Fels selbst lässt sich als perspektivisch konstruierter Raum erahnen, wobei sich das sanfte Rot von der dunklen Bildfläche ein wenig abhebt. Das Werk steht für das Interesse Paul Klees an künstlerischen Quellen, die sich jenseits der westlichen Kunstakademie bewegen und ihn zu malerischen Ausdrucksformen inspiriert haben. Für die Ausstellung Paul Klee. Ich will nichts wissen (8.5.–29.8.), die als Kooperationen der genannten Museen ZPK und LaM entwickelt wurde, spielt das Gemälde gerade deswegen eine wichtige Rolle. Aufgrund seiner Bezüge zu Klees Sammlung von Kinderkunst, Art Brut und prähistorischer Kunst steht es exemplarisch für seine künstlerische Forschung nach den «Uranfängen von Kunst», die in der Wanderausstellung im Fokus steht.

Ausstellungsansicht, bauhaus imaginista, 20.9.2019 – 12.01.2020, Zentrum Paul Klee, Bern. Foto: Rolf Siegenthaler

Das Kunstmuseum Thun kann seine Sammlung nicht permanent zeigen. Neben einer jährlichen Sammlungsausstellung finden nur vereinzelt Werke Eingang in thematische Ausstellungsprojekte. Umso erfreulicher ist es, dass zwischen den Ausstellungshäusern ein Leihverkehr stattfinden kann, der es ermöglicht, Kunstwerke aus dem Depot einer breiten Öffentlichkeit und neuem Publikum zugänglich zu machen. Dass die eigenen Werke immer wieder in anderen Settings ausgestellt werden, zeugt einerseits von der Vielfältigkeit und Bedeutung der einzelnen Arbeiten und bereichert andererseits auch das Wissen über die hauseigene Sammlung. Neben weniger gefragten Werken befinden sich darunter auch sogenannte «Stars». Deutlich angeführt wird die Liste von Meret Oppenheims Drei Wolken über Kontinent (1964), das in den letzten 20 Jahren rund zehn Mal ausgeliehen wurde. Für die erste umfassende transatlantische Meret Oppenheim-Retrospektive wird das Gemälde im Herbst vom Kunstmuseum Bern, in die Menil Collection in Houston bis nach New York ins Museum of Modern Art (MoMA) reisen. Erst im Frühjahr 2023 wird es die Rückreise nach Thun antreten, wo wir es freudig erwarten.