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JAPANDORF

30. September – 07. November 1999
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Natsuko Tamba
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Masami Take Uchi
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Hiroyuki Masuyama

Das Kunst Museum Thun zeigt vom 30. September bis 7. November 1999 eine Ausstellung mit acht jungen, japanischen Künstlerinnen, welche in Düsseldorf wohnen bzw. früher dort gewohnt haben. Der Ausstellungstitel „Japandorf“ bezieht sich auf ihr Arbeitsumfeld: „Japaner in Düsseldorf“

Düsseldorf ist bekannt als die größte japanische Kolonie in Europa. Auf der Straße sind manchmal so viele Japaner zu sehen, daß man den Eindruck gewinnen könnte, in Japan zu sein. Dabei ist die Präsenz japani- scher Unternehmen bekannter als die zahl- reichen japanischen Künstler. Im Titel „Japandorf“ schwingt Kritik aus der kulturellen Verschlossenheit Japans mit. Wenn man im Ausland wohnt, erscheint nicht nur die umgebende Kultur sondern auch die eigene, ehemals normale Kultur manchmal fremd. Was manche Japaner im Ausland an der japanischen Kultur beklagen, ist ihr Traditionalismus. Heutzutage noch wird in vielen Unternehmen bei wichtigen Geschäftsentscheidungen mehr Wert auf Gewohnheit als auf Logik gelegt, und wer aufrichtig eine Meinung äußert, wird an die Seite gedrängt. selbst in der künstlerischen Sphäre in Japan ist der Traditionalismus dominierend. Vor kurzem ist eine Fakultät an einer der bedeutendsten japanischen Kunstakademie neu eingerichtet worden. Sie heißt „Avangarde Kunst“. Und die Studenten können sich dort mit Installation oder Multi-Media-Kunst beschäftigen. Diese Nachricht hat die japanischen Künstler, die schon seit langem in Deutschland wohnen, verwirrt. „Kunst“ gilt im europäischen Verständnie seit der klassischen Moderne. als eine Infragestellung von Autorität. Wenn die neue Fakultät „Avangarde Kunst“ heißt, was machen andere Fakultäten an dieser Kunstakademie?“ Im japanischen Begriff versteht man unter „Kunst“ mehr die traditionelle Ästhetik als „Avangarde Kunst“. Sie bleiben weit gehend traditionalistisch, entsprechend dem vorherrschenden Kunstverständnis das nach wie vor die traditionelle Ästhetik über die Avangarde stellt. Außer dem Traditionalismus ist. auch etwas Bodenständiges im Wort „Dorf“ zu erkennen. Wie oben gesagt; wer im Ausland wohnt dem scheint die eigene Kultur manchmal fremd, aber gleichzeitig muß er sich der Tatsache immer stellen, daß diese Kultur, die ihn in seiner Kindheit. umgeben hat, einen großen Teil seiner Identität ausmacht. Der Titel“Japandorf“ ist insofern auch Programm. Es geht darum, das Bewußtsein der eigenen kulturellen Identität mit einer weltoffenen, kosmopolitischen Haltung zu verbinden. Daß ein Künstler im Ausland arbeitet, ist heutzutage kein Sonderfall. Aber daß mehrere japanische Künstler in einer europäischen Stadt wohnen und eine gemeinsame Ausstellung veranstalten, ist ein hoch interessantes Experiment. Obwohl sie nicht unbedingt den kulturellen Unterschied zwischen Europa und Asien thematisieren, müssen sie sich in ihrem Leben in Deutschland ständig mit diesem Unterschied auseinandersetzen. Die Bereitschaft dazu ist unabdingbar in ei- ner Welt, die mehr und mehr globalisiert wird. Ich möchte nicht wagen, die Kunstwerke der teilnehmenden Künstler gewaltsam auf ei- nen gemeinsamen Nenner zu bringen. Das könnte ein Vorurteil erzeugen. Ich hoffe, daß Sie die japanische zeitgenössische Kunst im „Japandorf“ selber sehen und erleben. Bei der Suche nach einem passenden Titel für die Ausstellung in Thun war „Heidi“ ein aussichtsreicher Vorschlag, weil der von Johanna Spyri in der Schweiz verfaßte Roman in Japan zum Zeichentrickfilm verarbeitet- und dann wieder in Europa aufgenommen wurde. Dieser Prozeß und die Aktion „Japandorf“ stimmen überein. Und außerdem ist das Zentralthema von „Heidi“ die Liebe zur eigenen Heimat und Kultur. Und was man dabei nicht verkennen darf, ist, daß Heidi die Leute in der anderen Kultur -fasziniert und in die Schweiz geführt hat. Der Grund dafür, dass „Heidi“ in unterschiedlichen Ländern aufgenommen wurde, war nicht nur, daß sie eine schöne, idyllische Welt darstellt, sondern auch, daß sie die Möglichkeit eines überkulturellen Verständnisses und kulturübergreifender Sympathie andeutet.

Miwa Sakai