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Christine Streuli.
Lange Arme kurze Beine

29. Februar – 12. Juli 2020
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Christine Streuli, Lange Arme, kurze Beine, 2020, Mixed Media direkt auf Wand und Leinwand, 550 x 2301 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich und Sfeir-Semler Gallery, Hamburg/Beirut und die Künstlerin, Foto: David Aebi
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Lange Arme, kurze Beine, 2020, Christine Streuli, Mixed Media direkt auf Wand und Leinwand, 550 x 2301 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich und Sfeir-Semler Gallery, Hamburg/Beirut und die Künstlerin, Foto: David Aebi
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Lange Arme, kurze Beine, 2020, Christine Streuli, Mixed Media direkt auf Wand und Leinwand, 550 x 2301 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich und Sfeir-Semler Gallery, Hamburg/Beirut und die Künstlerin, Foto: David Aebi
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Lange Arme, kurze Beine, 2020, Christine Streuli, Mixed Media direkt auf Wand und Leinwand, 550 x 2301 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich und Sfeir-Semler Gallery, Hamburg/Beirut und die Künstlerin, Foto: David Aebi
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Lange Arme, kurze Beine, 2020, Christine Streuli, Mixed Media direkt auf Wand und Leinwand, 550 x 2301 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich und Sfeir-Semler Gallery, Hamburg/Beirut und die Künstlerin, Foto: David Aebi

In Zeiten der Krise möchten wir Ihnen unsere Ausstellungen online näherbringen. Finden Sie hier die Informationen, die Sie eigentlich als Saaltext zur Ausstellung lesen könnten. Und besuchen Sie unsere neue Serie DIGITAL & VIVID auf Instagram. Hier geben wir regelmäßig frische Einblicke – damit Sie nicht ganz auf den Museumsbesuch verzichten müssen.

Das umfangreiche Œuvre der Schweizer Künstlerin Christine Streuli (*1975, in Bern) besticht durch die farbgewaltigen, meist monumentalen Allover-Paintings, die aus einem reichen Vokabular von Symbolen, Zitaten, Mustern, Motiven und Ornamenten schöpfen. Die farbintensiven und energiegeladenen Werke und Installationen verführen das Publikum und werfen zugleich wichtige, zeitgenössische Fragen nach der Natur und dem Handwerk der Malerei, sowie der Auseinandersetzung mit der uns alle umgebenden Bilderflut auf.

Nicht nur Pinsel und Leinwand gehören zu ihren Werkzeugen, vielmehr wird mit jedem Bild eine eigene technische Formsprache definiert. Streuli zappt virtuos zwischen klassischem Pinsel, Spraydose oder diversen Drucktechniken hin und her. Sie komponiert und collagiert sowohl monumentale Leinwände, Bildtapeten, Bodenarbeiten oder auch kleinformatige Papierarbeiten, die zusammen ein dichtes Geflecht und eine gewaltige Farborgie entfalten.

Die Ausstellung „Lange Arme, kurze Beine“ ist ein umfangreiches Erlebnis Christine Streulis verschiedener Arbeitsweisen. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen verschiedenen Ebenen und Zeiten. Gleichzeitig werfen die neuen Werke Fragen nach Original und Kopie, nach Wert, Wertung und Umwertung auf. Die Zeit, die körperlichen, die handwerklichen und die geistigen Erfahrungen, die die Künstlerin in jahrelangen und tatsächlich hand- und kopfgemachten Prozessen gewonnen hat, sind in ihren Bildern zu spüren und zu erleben.

«Eine Armlänge vor dem Untergehen. Eine Beinbreite vor dem Weiterbestehen. Seit zwanzig Jahren male ich vorwiegend. Dazu bewege ich meinen Körper, meine Arme, meine Beine. Ich schreite mit meinen Beinen Räume ab, strecke mich lang und gehe in die Knie. Immer wieder. Ich hebe und lege, verschiebe, berühre, umgreife Wände, Decken, Böden und Bildträger. Immer wieder. Ich arbeite seit zwanzig Jahren mit meinem Körper, und dieser wiederum arbeitet stets im Dialog mit seinem Gegenüber, heute miteinander, morgen gegeneinander. Was ich male, sind vermeintlich Flecken und Gesten. Es handelt sich um Farbe, die gestrichen, gegossen, geschüttet, gespachtelt, gesprüht und abgeklatscht wird. Alles Körper, alles Bewegung. Farbige Flächen, schmierige Flecken, triefende Farbnasen und tropfende Tränen. Trotzdem: Ganz so viel Zufall ertrage ich nicht und interessiert mich nicht. Ich bin eine Beobachterin auf der Suche nach Gründen und Hintergründen, bin eine Abschreiterin von Feldern, die ich mir gerne selber stecke; eine, die spüren, riechen, sehen und anfassen muss, um zu verstehen, was geschieht oder geschehen ist.» (Christine Streuli)

«Ich fahre mit meiner Fingerkuppe der Kontur eines Flecks nach, damit ich dessen Materialität und Form verstehe. Ich wasche während eines Trocknungsprozesses mit einem feuchten Schwamm die flüssige Farbe aus, um zu verstehen, welche Spuren ein Pinsel oder eine Sprühpistole hinterlassen kann. Ich pause tropfende Farbtränen durch, um deren Umrisse zu bewahren und zu kopieren. Es sind Tränen, die fortan keine tatsächlichen Tränen mehr sind, Flecken, die nunmehr keine zufälligen, expressiven Flecken mehr sind, kein Ärgernis auf der Bluse oder auf dem Boden, sondern reflektierte, umrissene Form, die zur Behauptung wird. Ein Signifikant für Malerei.
Eine Geste: Einer inneren Haltung Ausdruck verleihen – zumindest dem Unvermögen dieser komplexen, stets ambivalenten Haltung Ausdruck zu verleihen, das ist mein Versuch und mein Angebot. Das Finden und Erfinden von Möglichkeiten, mit Bildmaterial und Farbe umzugehen, mit deren schieren Kraft an Verführung, Illusion und Abstossung. Gültige Gesten erkennen, lernen, sie geschehen zu lassen, um sie zu deuten, zu analysieren und zu wiederholen, immer wieder zu wiederholen. Einverleibung. Gesten, die in der Malerei von Relevanz sein können, zumindest als Gegenüber.» (Christine Streuli)

«Ich stelle Fragen nach den Sujets im Bild und nach deren Bedingungen in der experimentellen Malerei. Was hier geschieht, ist ein ununterbrochenes und vages Hin und Her zwischen den verschiedenen Oberflächen, zwischen der Illusion und dem Realen, dem Versuch und dem Scheitern, alles in allem seine Existenz behaupten zu können – etwas Gültiges zu schaffen, der Unberechenbarkeit entgegenzutreten, achtsam zu sein und Sorge zu meinem Handeln, meinem Gegenüber und meinem Umfeld zu tragen. Sorge tragen bedeutet Fürsorge, Achtsamkeit, Beobachtung sowie ein tiefes Gefühl von Freiheit. Sorgfalt bedeutet Aufmerksamkeit, die auf natürliche Weise Fürsorge, Anteilnahme und Zuneigung mit sich bringt. Dies alles erfordert grosse Empfindsamkeit. Wir alle sind unserem eigenen Verlangen oder unseren psychologischen Verletzungen gegenüber empfindlich und auch empfindsam gegenüber einer bestimmten Person, deren Wünsche und Bedürfnisse wir wahrnehmen und ihnen entsprechen oder widersprechen wollen. Malen ist Begegnung und Anteilnahme, um Kopf und Kragen, mit Armen und Beinen. Malerei ist, die eigene Empfindsamkeit und die des Gegenübers kennen- und einschätzen zu lernen, um sie immer wieder zu vergessen und neu zu verhandeln. Lange Arme, kurze Beine. Zeitgemässe Fragestellungen nach Oberfläche und Tiefe, nach Original und Kopie, nach Farbe, Form und Medium, nach Materialität und dem Verlust von derselben werden hier auf spielerische und konzentrierte Weise erforscht und hinterfragt. Eine Armlänge vor dem Untergehen. Eine Beinbreite vor dem Weiterbestehen.» (Christine Streuli)

Christine Streuli, geboren 1975 in Bern und aufgewachsen in Zürich, Chicago und Langenthal, lebt aktuell in Berlin. Sie arbeitet seit ihrem Studienabschluss an der Zürcher Hochschule für Gestaltung und Kunst und der Hochschule der Künste in Berlin als freischaffende Künstlerin. Bereits kurz nach dem Studium feierte sie internationale Erfolge. Zusammen mit Yves Netzhammer bespielt sie den Schweizer Pavillon an der Biennale von Venedig 2007 und 2014 stellte sie an der Biennale in Sydney aus.

Einzelausstellungen: 2017 Museum Berlinische Galerie, 2017 Museum Folkwang, Essen, 2013 Kunstmuseum Luzern, Haus am Waldsee, Berlin, 2008 Kunsthaus Aarau. Gruppenausstellungen (Auswahl): 2019, Kunst Museum Winterthur, 2009 Helmhaus Zürich, 2010 Centre PasquArt, Biel. Die Künstlerin lebt und arbeitet seit 2008 in Berlin, wo sie seit 2015 auch eine Professur an der Universität der Künste, Berlin innehat. Sie wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gefördert: 2001–02 Stipendiatin des International Studio and Curatorial Programm (ISCP) in New York; 2003 Artist-in-Residence der Kulturstiftung Pro Helvetia in Kairo; 2004, 2005, 2006 Eidgenössischer Preis für Kunst; 2005 Kiefer Hablitzel Preis, im selben Jahr Nominierung für den Dorothee von Stetten-Kunstpreis mit Ausstellung im Kunstmuseum Bonn und Stipendium für bildende Kunst der Stadt Zürich mit Atelier in San Francisco, 2009–2010 Atelierstipendium der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr in London, 2017 den Fred Thieler Preis für Malerei 2017 mit Ausstellung im Museum Berlinische Galerie, Berlin und 2020 den KUNSTPREIS der BEWE Stiftung. Streulis Werk wird in renommierten Galerien wie in der Galerie Mark Müller, Zürich, und in der Galerie Sfeir-Semler, Hamburg/ Beirut, bei Monica De Cardenas, Mailand, Galerie Filomena Soares, Lissabon sowie bei Anglim Gilbert Gallery, San Francisco gezeigt.

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog (D/E).
Buchvernissage und Werkgespräch mit Christine Streuli wird noch bekannt gegeben.