Reto Camenisch
Jacky, 1987
Es ist der selbstbewusste Blick der jungen Frau, der einen in Bann zieht. Modisch, scheinbar nur mit Lederjacke bekleidet, grosse Creolenohrringe und die kurzen, hellen Haare in die Höhe gestylt, fällt sie auf. Sie schaut in einen grossen, mit Glühbirnen umrandeten Spiegel und ihr Spiegelbild blickt direkt in die Kamera. Der Fotograf Reto Camenisch trifft Jacqueline G. in der Modeboutique Olmo in Bern, dort arbeitet sie als Verkäuferin. Und der Laden dient auch als Kulisse – nach Feierabend fotografiert er die junge Frau auf ihren Wunsch am Arbeitsplatz vor einem Spiegel. Dabei ist es Camenisch wichtig, dass die Fotografie über eine dialogische Herangehensweise entsteht – die Porträtierten sollen sich unverfälscht wiedergeben können. Die Fotografie dient Camenisch als Türöffner, sie hilft ihm auf Leute zuzugehen. Denn in seinen fotografischen Porträts steht der individuelle Mensch stets im Vordergrund. Das Werk wird 1988 während der Ausstellung «Heimspiel» für die Kunstsammlung angekauft.
Anja Seiler
Leichte Sprache
Eine junge Frau schaut in den Spiegel.
Ihr Spiegel-bild schaut uns an.
Die Frau ist in einem Mode-laden.
In Bern.
Sie arbeitet dort.
Sie heisst Jacky.
Der Fotograf wollte Jacky fotografieren.
Sie ist einverstanden.
Sie reden über das Foto.
Jacky hat einen Wunsch.
Sie will die Fotos in ihrem Laden machen.
So zeigt ihr Foto,
wie sie ist.
Das Foto ist mehr als 30 Jahre alt.
Es gibt den Laden immer noch.
Wie die Frau wohl heute aussieht?
Sara Smidt