Ein weisses Kamel blickt über den Bildrand hinaus, ein weiteres verschwindet hinter einer blauen Fläche und immer wieder sind Fragmente von Gesichtern zu erkennen: Auf der grossflächigen Malerei dominieren warme, bräunlich-rötliche Farbtöne mit einzelnen schwarzen und blauen Pinselstrichen. Der Auftrag von Farbe und Form lässt in seiner Abstraktion konstruktivistische Züge erahnen. Der Thuner Stefan Haenni taucht Ende der 1980er-Jahre mit seinen Porträtbildern als Künstler in der Öffentlichkeit auf, womit er bekannte Persönlichkeiten zeichnerisch festhält. Das vorliegende Werk mit dem Titel «Timur Nameh» entsteht jedoch zu einer Zeit, in welcher Haenni sich seinem zentralen Thema «Orient» widmet. Inspiriert von einer Ägyptenreise um 1990 entstehen Ölbilder mit gestischem Ausdruck und intensiven Farben. Es sind Eindrücke, die Haenni verarbeitet und in mehreren überlagerten Szenen darstellt. Der Werktitel ist ein Verweis auf das gleichnamige Buch des Dichters Wolfgang von Goethe aus dem Werkzyklus «West-östlicher Divan», wozu Haenni eine ganze Werkgruppe kreiert.

Katrin Sperry