Jakob Jenzer
ohne Titel, 1978
Ein Mann, eine Fabrik, eine Schere: Diese figurativen Elemente treffen auf Linien und bilden im Holzschnitt von Jakob Jenzer eine narrative Grundlage. Auf dem rechteckigen Blatt zieht sich eine gestrichelte Linie deutlich von oben nach unten, worauf am unteren Ende die Schere abgebildet ist. Sie trennt zwei Bildelemente im Verhältnis eins zu drei voneinander. Auf der rechten Seite geht ein älterer Herr, leicht nach vorn gebeugt und die Arme auf dem Rücken verschränkt, vor sich hin. Die Sonne im Rücken wirft einen langen Schatten in Gehrichtung. Oberhalb von ihm stehen drei Bäume, ansonsten wandert der Mann durch eine leere Landschaft. Die Szenerie ist mit einer schwarzen Linie umrahmt. Auf der linken, oberen Bildseite ist ein Ausschnitt eines fabrikähnlichen Gebäudes abgebildet mit Kaminen, Spitzdächern und grossen Fenstern. Der Ausschnitt bildet, obwohl kleiner gehalten, durch die rote Farbe ein prägnantes Gegenelement zum Gehenden, der sich auf die Fabrik zubewegt. Das Werk von Jenzer entstammt einer Serie, die stets den gleichen Bildaufbau in sich trägt: die gestrichelte Linie mit Schere, sowie die zwei Bildelemente links und rechts der Linie. Stets sind die beiden Farben Rot und Schwarz präsent. Der Künstler erschafft mit dieser Serie Bildergeschichten, die sich, sobald man die Blätter an den Linien durchschneidet, frei kombinieren lassen zu neuen Erzählungen. Der Holzschnitt wird 1979 aus der Weihnachtsausstellung im Kunstmuseum Thun für die Sammlung erworben.
Anja Seiler
Leichte Sprache
Wir sehen viel Weiss.
Wenige Elemente genügen
und wir denken uns eine Geschichte aus.
Oben rechts gibt es ein paar Bäume.
Ein Mann geht durch die Land-schaft.
Die Sonne scheint,
denn wir sehen einen Schatten.
Der Mann ist leicht gebeugt.
Von Sorgen?
Der Mann bewegt sich in Richtung einer roten Fabrik.
Doch so einfach ist die Geschichte nicht.
Eine Linie trennt den Mann von der Fabrik.
Eine Schere fordert sogar auf:
Schneide das Bild in 2 Teile.
Es gibt weitere Bilder mit Linie und Schere.
Es ist eine Serie.
Alle in Rot und Schwarz.
Wenn wir Bilder trennen,
können wir sie neu zusammen-stellen.
Es ergeben sich immer neue Geschichten.
Mit wenigen Elementen.
Übersetzung Sara Smidt