Trudy Schlatter
Joceline, 1965
Joceline serviert anmutig in weisser Schürze. Sie lächelt sanft, während sie wohl gleich den Tisch leer räumt. In ihrer linken Hand liegt der feuchte Lappen bereit, um Krümel und Spritzer wegzuwischen. Was wurde hier wohl verspeist? Die Perspektive ist so gewählt, als sässen die Betrachter*innen mit am Tisch: Gegenüber ist die schwarze Rücklehne eines klassischen Bistrostuhls, dahinter die Wand mit Tapete. Was auf dem Tisch steht, bleibt unbekannt. Joceline ist blass. Unter der Schürze trägt sie ein schwarzes Kleid mit rundem Dekolleté. Ihre Brüste zeichnen sich spitzig ab. Ihr dunkles Haar fällt bis zum Schlüsselbein, kürzere Strähnen zieren ihre Stirn und rahmen verspielt das runde Gesicht. Die dunklen Augen sind gross und mandelförmig. Sie scheinen jedoch pupillenlos und leer. Mit feinen Bleistiftstrichen schafft Trudy Schlatter verschiedene Grauflächen, die es vermögen, den dargestellten Frauen intime Züge zu verleihen. Von Schlatters Frauenporträts geht oft eine subtile Erotik aus. Die Zeichnung wird 1966 aus der Ausstellung «Berner Künstlerinnen» angekauft.
Laura Bohnenblust
Leichte Sprache
Eine junge Frau räumt wohl einen Tisch ab.
Den Tisch sehen wir jedoch nicht.
Nur ein Stuhl ist mit wenigen Strichen angedeutet.
Der Titel gibt der jungen Frau einen Namen: Joceline.
Sie trägt eine Schürze wie eine Servier-Frau.
Das Shirt betont ihre Brüste.
In der Hand hält sie einen Lappen
bereit zum Reinigen der Tisch-Fläche.
Joceline unterbricht ihre Handlung,
um uns anzuschauen.
Sie blickt uns direkt an,
sanft lächelnd.
Doch die mandel-förmigen Augen bleiben leer.
Sara Smidt