Zwei Kindergestalten, womöglich ein Mädchen und einen Jungen, porträtiert die Künstlerin Nell Graber-Kirchhofer in ihrer Zeichnung «Im Dorf». Dabei sind von den beiden nur Teile ihres Körpers erkennbar. Während der Junge in der oberen Bildhälfte direkt in Richtung der Betrachtenden blickt, neigt das Mädchen ihren Kopf leicht zur Seite und scheint sich beinahe tänzerisch weg zu bewegen. Das Bild ist Teil der Serie «Wo ist das Leben» – ein Titel, der sinnbildlich das Interesse der Künstlerin aufzeigt: Es ist die Auseinandersetzung des Menschen mit dem Leben, die sie mit unverkennbar persönlichem und detailliertem Strich auf Papier bringt. Auf vielen Werken sind rührende Kinderporträts zu erkennen, aber auch missgestaltete Figuren, deren Körper von Ängsten gequält kobold- oder hexenartige Züge annehmen. Ab 1974 stellt die Künstlerin ihre Werke in der Öffentlichkeit aus. Um 1980 nimmt sie an der vom Kunstmuseum Thun initiierten Ausstellungsserie «Thuner Ausstellungen» teil, die erstmals junge Kunstschaffende aus der Region in den Fokus nimmt.

Katrin Sperry