Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.

Drei Fragen an Antje Majewski

Die thematische Ausstellung «DER APFEL: EINE EINFÜHRUNG: (IMMER UND IMMER UND IMMER WIEDER)» widmet sich der traditionsreichen Frucht Apfel aus künstlerischer und wissenschaftlich-kulturhis­torischer Perspektive. Das Kunstmuseum Thun arbeitet hierfür eng mit den Künstler*innen Antje Majewski und Paweł Freisler zusammen, die sich dem Thema Apfel bereits seit Jahren widmen; in einer ästhetischen, bzw. symbolischen Auseinandersetzung, etwa in Majewskis Apfelgemälden oder Freislers geschnitzten Äpfeln oder im Austausch mit Forschung und Landwirtschaft. Hierbei werden u.a. Fragen nach Biodiversität, Sortenerhalt, Ernährung, Resilienz und Klimawandel aufgeworfen. Die Ausstellung zeigt auch Werke von Jimmie Durham und Agnieszka Polska, sowie von den zeitgenössischen Schweizer Kunstschaffenden Brigham Baker und Didier Rittener zum Thema Apfel.

Der Apfel. Eine Einführung. (Immer und immer und immer wieder), mit Paweł Freisler, Galerie im Turm, Berlin, DE, 30.08.– 20.10.2019

1: Was hat dich am Thema Apfel und dessen Umfeld interessiert, um daraus ein grösseres internationales Ausstellungsprojekt zu entwickeln?

Der Apfel ist eine Frucht, die wir alle zu kennen glauben – die beliebteste Frucht unserer Breitengrade, Teil unserer Kultur seit Jahrhunderten. Paweł Freisler stellte mir vor unserer ersten gemeinsamen Ausstellung die Bedingung, dass es in der Ausstellung nur um Äpfel gehen sollte. Ich entdeckte dann, dass ich eigentlich nichts über Äpfel wusste. Wo kommen sie her, wie werden sie angebaut, wie viele Apfelsorten gibt es eigentlich? Warum können Äpfel so unterschiedlich aussehen? Und warum sehen wir von dieser Vielfalt an Farben und Formen immer weniger in unseren Supermärkten?

Am Apfel lässt sich zeigen, was für eine grossartige Kulturleistung die Entwicklung unserer Apfelsorten darstellt, aber auch ihre Bedrohung durch den globalisierten Handel, die industrialisierte Landwirtschaft und die Anforderungen der Konsument*innen, die sich dieser Vielfalt, die wir geerbt haben, oft gar nicht mehr bewusst sind. So möchte ich mit den Mitteln der Kunst zeigen, was wir aus einer jahrtausendelangen Zusammenarbeit zwischen Natur und (Agri-)Kultur gewonnen haben, und was uns verloren zu gehen droht.

2: Das Thema Apfel spielt in der Kunst eine wichtige symbolische Rolle. Welche Kriterien ­standen bei der Auswahl der zeitgenössischen Künstler*innen-Positionen im Vordergrund?

Die Ausstellung wird erweitert durch Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern, die sich ebenfalls mit Apfel­bäumen beschäftigt haben oder auf andere Weise Teil des gemeinsamen Kreisens um Gärten, Äpfel, Pflanzungen geworden sind: Jimmie Durham mit seiner Pflanzung eines Apfelbaums in der Karlsaue in Kassel für die documenta 13; Agnieszka Polska mit einem Film über den imaginären Garten; Paweł Freislers Äpfel.

Antje Majewski, Pommerscher Krummstiel, 2014

Im Kunstmuseum Thun tritt das Apfelprojekt von ­Majewski / Freisler nun in einen Dialog mit den Arbeiten der Schweizer Künstler Brigham Baker und Didier ­Rittener. Brigham Bakers grossformatige, poetische Fotografien von Äpfeln konzentrieren sich auf die ganz individuelle, nicht wiederholbare Form der Frucht in unterschiedlichen Zuständen der Reife und des ­Verfaulens. Sie korrespondieren mit den konservierten Äpfeln Paweł Freislers in einem künstlerischen Nach­denken über Zeit und Vergänglichkeit und in ihrer Liebe zu den wunderbaren Variationen, die die Natur hervorbringt. Didier Ritteners verwunschener Garten, der Apfelbäume aus verschiedensten Vorlagen zu einem Traum-bild eines «indezenten Gartens» vereint, lässt uns in die zeitlose Zeit der Kunst und ihrer Variationen eintreten.

Alle künstlerischen Arbeiten gemeinsam verweben sich zu einer grossen Installation, die die wichtigen Fragen des Lebens thematisieren: Natur und Kultur, Zeit und Vergänglichkeit, Schönheit und Trauer.

3: Für das Projekt stellst du am Ausstellungsort einen lokalen Kontext her mit Werken aus der Sammlung des Kunstmuseum Thun zum Thema Apfel. Du hast für die Ausstellung auch eine neue Videoarbeit mit den Bio-Bauern Sandra und Marc Schlotterbeck in Hohmad bei Thun realisiert. Wie wichtig ist für dich die ­Einbindung von lokalen Exponent*innen und was wird in Thun anders sein?

Der Apfel ist zugleich über die ganze Erde verbreitet und sehr lokal. Man findet ihn von China bis Nordamerika – ursprünglich kommt er aus Kasachstan. Für mich lässt sich diese Geschichte am besten verstehen und erzählen, wenn man sie immer wieder im Lokalen verankert. Die Bäuer*innen vor Ort, aber auch die Stadtgärtner*innen, die Pflanzenzüchter*innen, die Kinder, die Händler*innen, die Konsument*innen, sie alle zusammen erzeugen die Äpfel – als Frucht und als Kulturgut. Ich finde es auch immer wieder interessant, in die lokalen Sammlungen der Institutionen zu schauen und dort Gemälde mit Äpfeln aufzustöbern, die vielleicht sehr lange nicht gezeigt wurden, von Künstler*innen, die oft in Vergessenheit geraten sind – um dort vielleicht neue Schönheiten zu entdecken, genau wie bei alten lokalen Apfelsorten.

Antje Majewski. Foto: Jens Ziehe, Berlin.