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Sarah Oppenheimer: N-01

29. Februar – 12. Juli 2020
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Sarah Oppenheimer, N-01, 2020, Foto: Serge Hasenböhler, Stahl, Glas und Architektur. Installationsansicht: Kunstmuseum Thun, 2020
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Sarah Oppenheimer, N-01, 2020, Foto: Serge Hasenböhler, Stahl, Glas und Architektur. Installationsansicht: Kunstmuseum Thun, 2020

In Zeiten der Krise möchten wir Ihnen unsere Ausstellungen online näherbringen. Finden Sie hier die Informationen, die Sie eigentlich als Saaltext zur Ausstellung lesen könnten. Und besuchen Sie unsere neue Serie DIGITAL & VIVID auf Instagram. Hier geben wir regelmäßig frische Einblicke – damit Sie nicht ganz auf den Museumsbesuch verzichten müssen.

Am 31. Mai 2020 fand via zoom ein Künstlergespräch mit Sarah Oppenheimer, Soyoung Yoon und Helen Hirsch statt:

In unmittelbarer Auseinandersetzung mit den Gebäudestrukturen des Kunstmuseum Thun hat die amerikanische Künstlerin Sarah Oppenheimer (*1972) ein Netzwerk aus architektonischen Instrumenten entwickelt. Diese ähneln Gebäudeelementen wie Fenstern, Türen oder Säulen und werden durch das Eingreifen des Besuchers jeweils manuell aktiviert. Wird eine Tür gedreht, ein Fenster aufgestossen oder an einer Säule gezogen, so verändern sich Dimension und Position vielfältiger Übergänge in angrenzende Räume. Der Museumsbesucher und die architektonischen Instrumente sind Teil einer gemeinsamen Performance und bringen die Choreografien des Ausstellungsraums zeitlich befristet in eine neue Ordnung.

«Die gebaute Umwelt besitzt eine Vielzahl an Inputs und Outputs. Unsere Körper setzen unsichtbare Reaktionsketten in Gang. Betritt man einen Raum, geht das Licht an. Drückt man eine Klinke herunter, öffnet sich eine Tür. Diese automatische Schaltung wird durch ein Kontrollsystem reguliert. Dessen Vorrichtungen sind so programmiert, dass sie auf sich bewegende Körper und akustische Befehle reagieren. Die in den Wänden, Böden und Decken eines Gebäudes verborgenen Netzwerke sind eine Blackbox.»

«N-01 bietet ein neues Netzwerk an. Zwischen den zahlreichen Räumen des Kunstmuseums werden architektonische Instrumente eingefügt. Sie fungieren als Türen, Fenster, Säulen oder Balken und lösen, jedes für sich, eine Kettenreaktion aus: Eine Drehtür lässt eine Wand beiseite gleiten; eine drehbare Säule öffnet ein Fenster. Wenn die Besucher den in die Instrumente eingelassenen Input manuell aktivieren, rufen sie in einiger Entfernung Veränderungen im Output hervor und modifizieren somit die architektonische Hülle der angrenzenden Galerien.

Im zentralen Durchgang fungiert ein Körper aus Glas und Aluminium, der scheinbar oben und unten von zwei blickdichten weissen Wänden gestützt wird, als Raumteiler. Durch manuelle Rotation des Glases dreht sich der Körper um eine aussermittige Axe, wobei sich die Anordnung zwischen dem rotierenden Körper und der blickdichten Stützwand verschiebt. Diese Rotation bringt eine lineare Bewegung in die umschliessende Wandfläche. Während der Glaskörper um 180 Grad um einen exzentrischen Mittelpunkt gedreht wird, fügen sich die Stützwände mal in die Anordnung ein und mal nicht.»

«Betätigt man in einem benachbarten Ausstellungsraum eine Türklinke, so dreht sich eine Wand im abgedunkelten Saal und gibt grosse Fassadenfenster mit Blick auf die Aare frei. Der Raum ist mit Tageslicht durchflutet und modifiziert die Helligkeit der umliegenden Räume. Veränderungen in der relativen Lichtstärke beeinflussen die Transparenz der Glasinstrumente in benachbarten Räumen. Der zuvor noch transparente Körper aus Saal 9 reflektiert nun. Die Blickachsen prallen an der Glasoberfläche ab und werden durch die Fassadenfenster auf die dahinterliegende Landschaft gelenkt.

Während sich die Wände zurückziehen und die Fenster öffnen, wird in regelmässigen Abständen die mechanische Infrastruktur aller Instrumente freigelegt. Die spiralförmige Schraube, die den räumlichen und zeitlichen Bewegungsablauf der Instrumente steuert, ist von Zeit zu Zeit sichtbar. Die systemische Logik von N-01 ist nie völlig undurchsichtig und nie gänzlich transparent, lässt sich jedoch periodisch ablesen. Die partielle Transparenz des Netzwerks schliesst den aktiven Betrachter in die miteinander verwobenen Relais des belebten Raumes mit ein.»

Sarah Oppenheimer wurde 1972 in Austin, Texas geboren. Sie lebt und arbeitet in New York. Zu ihren jüngsten Projekten zählen: Einzelausstellungen im Drawing Center, New York (2002), Kunsthaus Baselland (2014), MUDAM Luxemburg (2016), Pérez Art Museum Miami (2016), The Wexner Center for the Arts (2017), Mass MoCA, North Adams (2019). Permanente Installationen befinden sich im Baltimore Museum of Art und in der Mattress Factor. Zudem befinden sich Werke der Künstlerin in den ständigen Sammlungen des Museum of Contemporary Art, San Diego, MUDAM Luxemburg, Pérez Art Museum Miami. Sie ist Senior Critic an der Yale University School of Art.

Text: Sarah Oppenheimer, Januar 2020, Kunstmuseum Thun.

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog. Die Veröffentlichung und das Datum eines Booklaunchs wird sobald wie möglich bekannt gegeben.